Warum sehe ich FAZ.NET nicht?
Permalink: https://www.faz.net/-hrz-8vka8
Aktuelle Nachrichten aus Politik, Wirtschaft, Sport und Kultur
Herausgegeben von Gerald Braunberger, Jürgen Kaube, Carsten Knop, Berthold Kohler
Wer viel hat, muss auch viel unterbringen. Bild: Ikea
Die Truhe des 21. Jahrhunderts heißt „Aufbewahrungsbox“. Sie verbirgt, bewahrt aber kein Geheimnis und hat einiges mit Handtaschen gemein.
Permalink: https://www.faz.net/-hrz-8vka8
D ie Truhe ist ein archaisches Möbelstück. Über Jahrhunderte haben Menschen darin ihre Habseligkeiten verstaut, und ihr Name ruft etwas Schweres, Dunkles und Geheimnisvolles wach. Als Schatztruhe geistert sie durch Romane und Filme, als Omas Truhe erinnert sie uns an Zeiten, in denen Bettwäsche noch kostbar war und die Aussteuer eine Säule des Eheversprechens. Doch dann war sie irgendwann verschwunden, die Truhe, so wie Mieder und Korsett, Piraten und Schatzinseln. Aber vielleicht haben wir einfach nicht so genau hingeschaut. Die Mutter aller Schränke lebt, und sie erfährt gerade eine Auferstehung, die so unwahrscheinlich erscheint wie die Wiederkehr des Rasiermessers im Friseursalon.
Die Truhe von heute heißt „Aufbewahrungsbox“, ist aus Plastik und unter dem Namen Samla ein Dauerseller bei Ikea. Auch in sogenannten Euromärkten haben die Plastikbehälter einen prominenten, allerdings namenlosen Platz. Für wenige Euro bekommt man staubsicheren Stauraum und ein vages Versprechen von Ordnung. Doch dazu später mehr.
Zunächst einmal halten wir fest, dass die Plastiktruhe ein unschlagbares Preis-Leistungs-Verhältnis aufweist, was allein schon vermuten lässt, dass sie - falls nicht schon geschehen - einen Siegeszug um die Welt antreten wird. Sie ist gut für einkommensschwache Menschen, die ein preiswertes Behältnis suchen, aber auch für wohlhabende Menschen die im Überfluss leben und viel zu verstauen haben.
Schwibbögenhäuser in Butzbach : Wie Wohnwagen übereinander
Vertikales Gemüsebeet : Salat von der Wohnzimmerwand
Wohntrend : Es grünt so grün
Mit dieser universellen Nützlichkeit ist die Aufbewahrungsbox das Pendant zum Monobloc, dem Stapelstuhl aus Plastik, der in den Slums der dritten Welt so verbreitet ist wie in deutschen Kleingärten und Imbissbuden. Nur dass die Box einen privateren, weniger exponierten Platz im Leben einnimmt. Hier lebt das Motiv des Verbergens weiter - was mag wohl in der Truhe versteckt sein? Doch die Truhe des 21. Jahrhundert ist zugleich eine ohne Geheimnis, sie offenbart ihren Inhalt durch ihr Material.
Es wäre fahrlässig, ihren Erfolg nur darauf zurückzuführen, dass sie durchsichtig, billig, unprätentiös und stapelbar ist. Gewiss kann sie diese Attribute selbstbewusst vorzeigen, aber ihr Versprechen ist noch ein anderes: die Verheißung von Ordnung. Ikea gibt an, dass die Boxen vor allem dafür verwendet werden, Sommer- beziehungsweise Winterkleidung geruchssicher und mottendicht zu verstauen.
Der Anbieter Clas Ohlson wirbt eher damit, dass in ihr Werkzeuge und Büromaterialien verstaut werden. In beiden Fällen ist die Aufbewahrungsbox ein Instrument der Überflussgesellschaft, die gar nicht mehr weiß, wohin mit ihrem Plunder. Bohrmaschinen, die vor der Verschrottung nur fünfmal benutzt werden - in Plastikboxen sind sie gut verstaut und finden sich dort neben dem Ananasschneider, Inbusschlüsseln, Kabeln unklarer Zuordnung, abgelaufenen Pässen und kaputten Elektrogeräten.
Keine Geschichte verpassen: F.A.Z. Stil bei Facebook und Instagram
Professionelle Ordnungsmanager empfehlen zwar zur Entrümpelung drei Boxen in den Kategorien „Reparieren“, „Verschenken“ und „Wegwerfen“, doch der Kampf gegen die Kategorie „Aufbewahren“ ist eines Sisyphos würdig. 10 000 Gegenstände soll jeder deutsche Haushalt besitzen. Womit wir bei der Erkenntnis angelangt sind, dass die Plastikbox nicht nur ein Seelenverwandter des Monoblocs ist, sondern auch der Damenhandtasche - ein geheimnisvoller Fundus von Vorsorge vor Eventualitäten und aufgeschobenen Entscheidungen. Überträgt man das Prinzip Handtasche auf die Plastikbox, füllt man einfach alles in eine einzige Kiste. Da weiß man wenigstens, wo man zu suchen hat.
Hier können Sie die Rechte an diesem Artikel erwerben.
Permalink: https://www.faz.net/-hrz-8vka8
Es ist nur ein Detail, aber das hat umso größeres Empörungspotential: lackierte Nägel an Männerhänden. Warum eigentlich?
Zeit für die Man Bag : Warum die Herrenhandtasche wieder in Mode kommt
Wenn es um Mode geht, verstecken sich Männer gerne hinter dem Argument der Funktionalität. Das könnte der „Man Bag“ zum Durchbruch verhelfen.
FAZ Plus Artikel: Kochbuch über Grüne Soße : Mit sieben Kräutern und mit weniger
Alle mit Kräutern, sonst verschieden: Ein Buch über die Grüne Soße versammelt klassische Rezepte und exotische Abwandlungen des Traditionsgerichts.
Mögliche Anklage Trumps : Munition für den Vorwahlkampf
Wissing-Reaktion auf Habeck : „Die Zeiten sind ernst, wir müssen seriös regieren“
Migrationspolitik : Immer mehr Deutsche stellen Recht auf Asyl in Frage
© Frankfurter Allgemeine Zeitung GmbH 2001 - 2023 Alle Rechte vorbehalten.
Es lebe die Mutter aller Schränke!
Die Truhe des 21. Jahrhunderts heißt „Aufbewahrungsbox“. Sie verbirgt, bewahrt aber kein Geheimnis und hat einiges mit Handtaschen gemein.
Ein Fehler ist aufgetreten. Bitte überprüfen Sie Ihre Eingaben.
Vielen Dank Der Beitrag wurde erfolgreich versandt.