Letzte Runde in Bar und Restaurant: Wann und wie kommunizieren?

2023-03-23 16:37:05 By : Ms. zenti wang

In den Pubs von London oder Glasgow haben sie klare Regeln. Irgendwann brüllt der Barkeeper «Last Orders!», es läutet die Glocke, und schon eilen die Gäste wie von der Hummel gestochen an die Theke, um sich ein letztes Ale oder Guinness zapfen zu lassen. Bald danach ist Schluss, das wissen im Vereinigten Königreich alle schon von früh auf.

Ganz so einfach ist es anderswo auf der Welt nicht, denn die immer noch strengen Öffnungszeitenregeln der englischen, walisischen oder schottischen Pubs gelten in der Schweiz oder in Deutschland nicht. Wann er seinen Laden zumacht oder sie ihr Restaurant, entscheiden die Wirte sehr individuell; die Sperrstundenregeln sind fast überall sehr liberal. Folglich müssen die letzten Runden umso energischer angekündigt werden.

Doch Glocken haben sich in der Gastronomie des kontinentalen Europas kaum durchsetzen können, geschrien wird auch selten, weshalb Barkeeper und Kneipenbesitzer ihren Kunden individuell gut zureden müssen. «Wollen Sie noch etwas?», fragen sie oft und fügen dann ein «Wir schliessen gleich!» hinzu. Weil das «gleich» allerdings oft verhandelbar ist, ist die Resonanz ganz anders als in den britischen Bars.

Ist der Alkoholisierungsgrad eh schon hoch, müssen Gäste immer einmal wieder energischer hinauskomplimentiert werden – bisweilen mithilfe des herbeigerufenen Taxifahrers, seltener mit Unterstützung uniformierter Kräfte. Ganz lösen lässt sich das Problem nicht, aber man könnte es verringern, wenn man Kunden schon beim Betreten der Lokalität durch Aushänge oder individuelle Ansprache auf den Zeitpunkt der letzten Runde aufmerksam machte. Besucher sollten sich auch selbst schlaumachen, um den Wirten das Leben zu erleichtern.

Doch auch die an Hotelréceptionen beim Einchecken aufgesagten Formulierungen werden bisweilen ignoriert. Ein «Frühstück bis zehn Uhr» wird ja doch von allen Beteiligten so ausgelegt, dass man auch um 9.59 Uhr noch ans Buffet gehen und den Teller vollladen kann. Erst geraume Zeit später wird tatsächlich der Service beendet, oft stillschweigend, während in besseren Häusern das Personal von Tisch zu Tisch geht: «Wollen Sie noch etwas vom Buffet?» Dass mancherorts Frühstücksgäste sitzen bleiben, bis ihnen der fürs Mittagessen eindeckende Service buchstäblich den Stuhl wegzieht, ist nicht zu leugnen.

Richtig schwertun sich mit der letzten Runde die Speiserestaurants. Die im Internet angegebenen Öffnungszeiten kann man ja weitgehend ignorieren, auch die Küchenzeiten sind nicht hilfreich. Wichtiger sind die Angaben zur letzten Bestellung: Das grosse Menu kann man in vielen Restaurants halt nur bis 20.30 Uhr oder 21 Uhr starten. Wann es endet, ist offen, denn schnelles Kauen kann man einem Gast kaum vorschreiben. Und ganz zum Schluss, wenn die letzten Desserts bereits serviert wurden und alle bei Kaffee und Digestif sitzen, muss man als Wirt halt entscheiden, ob man weiteren Getränkeumsatz mitnehmen oder lieber seinen Feierabend antreten will.

Den Gästen, die bereits ein paar Hundert Franken oder Euro dagelassen haben, harsch mit dem Rauswurf zu drohen, ist übrigens nicht ratsam; sicherer kann man Stammgäste nicht verlieren. Wichtig ist eher, schon vor Beginn des Essens klare Ansagen zu machen und freundlich die Regeln zu erläutern. Das gilt umso mehr für Gruppen, die eine Geburtstagsfeier oder Hochzeit gebucht haben. Dass auch die irgendwann enden muss, es sei denn, die Gäste zahlten Aufschläge für jene Mitarbeiter, welche die Nächte zum Tag machen, sollte klar sein.

Und was tun mit Kunden, die nach dem Dessert einfach sitzen bleiben, ohne weiter zu konsumieren? Eine Unsitte in so manchem Restaurant der Schweiz. In den USA würde man ihnen unaufgefordert die Rechnung bringen und dann baldiges Gehen erwarten; eine Sitte, die sich auch hierzulande einführen liesse. Vielleicht verbunden mit einem kleinen Trostpflaster. Ein Fläschchen mit hausgemachtem Likör (für daheim) und ein Gutschein für einen Drink beim nächsten Besuch mildern den Abschied.

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